Mahmoud Darwish: Think of Others

Denk an die anderen

Wenn du dein Frühstück zubereitest, denke an die anderen.
Vergiss nicht die Körner für die Tauben.

Wenn ihr eure Kriege führt, denkt an die anderen.
Vergesst nicht jene, die Frieden suchen.

Wenn du deine Wasserrechnung bezahlst, denke an die anderen,
an jene, deren Wasserbedarf von Wolken gestillt wird.

Wenn ihr nach Hause zurückkehrt, in euer Haus, denkt an die anderen.
Vergesst nicht die Menschen in den Flüchtlingslagern.

Wenn du schläfst und die Sterne zählst, denke an die anderen,
an jene, die keinen Ort zum Schlafen haben.

Wenn du dich im übertragenen Sinn befreist, denke an die anderen,
an jene, die das Recht verloren haben, ihre Stimme zu erheben.

Wenn du an die anderen denkst weit weg, denke an dich selbst.
Sprich: «Wenn ich doch nur eine Kerze im Dunkeln wäre.»

Übersetzung: Béatrice Battaglia

Mahmoud Darwish gilt als poetische Stimme des palästinensischen Volkes und zählt zu den herausragenden zeitgenössischen Dichtern der arabischen Welt. Er findet immer wieder neue poetische Formen für die Exil-Erfahrungen so vieler Palästinenser:innen und setzt sich gleichermassen gegen Unrecht und Unter­drückung wie für eine friedliche Koexistenz ein. Leben im Exil wird Teil der eigenen Identität und die Hoffnung auf mehr Humanität. Mahmoud Darwish ist Mitverfasser der palästinensischen Unabhängigkeitserklärung und hat sowohl die israelische Politik wie die palästinensische Führung kritisiert.

Mahmoud Darwish paläst. Dichter 1941- 2008 © Kathrin Schwarze
Mahmoud Darwish paläst. Dichter 1941- 2008 © Kathrin Schwarze

Mahmoud Darwish: Hope

Hoffnung

Wir Palästinenser:innen leiden an einer unheilbaren Krankheit namens Hoffnung.
Hoffnung auf Befreiung und Unabhängigkeit.
Hoffnung auf ein normales Leben, in dem wir weder Held:innen noch Opfer sein werden.
Hoffnung, dass wir sehen, wie unsere Kinder ohne Gefahr zur Schule gehen.
Hoffnung, dass eine schwangere Frau in einem Spital ein lebendes Kind gebiert
und nicht an einem Checkpoint ein totes Kind.
Hoffnung, dass unsere Dichter die Schönheit der Farbe Rot eher in Rosen sehen als in Blut.
Hoffnung, dass dieses Land seinen ursprünglichen Namen wieder erlangt:
«Land der Hoffnung und des Friedens».
Danke, dass ihr mit uns die Fahne der Hoffnung tragt.

Übersetzung: Béatrice Battaglia

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