Schlüssel der Erinnerung und der Hoffnung

Titelbild 2024, Ausschnitt © Halima Aziz und Schlüssel-Armband aus Battir © Béatrice Battaglia
Titelbild 2024, Ausschnitt © Halima Aziz und Schlüssel-Armband aus Battir © Béatrice Battaglia

Die drei Palästinenserinnen auf dem Titelbild des Weltgebetstages 2024 tragen um den Hals und an den Ohren Schmuck in der Form eines Schlüssels. In vielen palästinensischen Familien werden alte Haus-und Wohnungsschlüssel sorgfältig aufbewahrt und von Generation zu Generation weiter­gegeben. Mit den Schlüsseln verbunden ist die Erinnerung an ihr früheres Zuhause und die Hoffnung auf Rückkehr in die Häuser, die die Familien durch die Gründung des Staates Israel verloren haben, als Hunderttausende der früheren Bewohner:innen aus ihrem Zuhause vertrieben worden sind. Die meisten leben seither als Flüchtlinge und Staatenlose. Im Flüchtlingslager Deiheishe in Bethlehem ist das Symbol des Schlüssels auch auf vielen Mauern entlang der engen Strassen zu sehen.

Schlüssel der Hoffnung auf Rückkehr auf Mauern im Flüchtlingslager Deiheishe in Bethlehem © Béatrice Battaglia
Schlüssel der Hoffnung auf Rückkehr auf Mauern im Flüchtlingslager Deiheishe in Bethlehem © Béatrice Battaglia
© Aline Jung

 

Wenn Sie einen Zauberschlüssel geschenkt bekämen, was würden Sie damit tun? Etwas aufschliessen oder etwas zuschliessen? Für wen? Wozu? Setzen Sie Ihren Schlüssel zuerst bei Türen oder bei Absperrungen ein, an Schatztruhen oder an Herzen? Bei sich selber oder anderswo?

 

 

 

 

 

Auf diesem Mauer-Bild mit Stacheldraht-Schatten steht rechts «Ich bin aus dem Dorf Zakaria.» und links «Wir werden zurück­kehren.». Da wird die von sehr vielen Vertriebenen geteilte Hoffnung in einfache, verständliche Worte gefasst und in ein sprechendes Schlüssel-Bild.
Das Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge ist sehr umstritten. Fest steht nach internationalem Recht, dass jede Person als Mensch ein individuelles Recht auf ein Zuhause, auf eine Heimat hat. Wenn es nirgendwo eine neue Heimat gibt, bleibt das Anrecht auf die alte, weggenommene.

© Aline Jung
© Béatrice Battaglia

Welch eine Überraschung! Da schreibt jemand: «Das Land ist für euch!» und nicht: «Dieses Land gehört mir. Ich habe den Schlüssel dazu und gebe ihn niemals her.» Ich weiss nicht, wer dieses Mauerbild gestaltet hat und in welcher Absicht. Wer spricht da zu wem? Was will diese Person allen, die hier vorbeigehen, und somit auch mir mitteilen?

Was ich sehe, berührt mich sehr. Auf sonnenhellem Grund sehe ich zwischen üppigem Grün zwei Hände, die miteinander einen grossen Schlüssel halten, ohne zu streiten oder gar zu kämpfen. Wird da gemeinsam der Schlüssel zu einem friedlichen und fairen Miteinander hochgehalten? Ist es die Erinnerung daran, dass das Land da erblüht und reiche Ernte bringt, wo Frieden und Gerechtigkeit sich küssen? Ist es eine Einladung zum Eintritt in eine andere Zukunft? Ein Bild der Hoffnung auf einen neuen lichterfüllten Alltag auch im Flüchtlingslager?
«Shoruq» steht über der Türe auf der ersten Seite. «Shoruq» bedeutet «Sonnenaufgang». Möge sie bald allen Menschen scheinen, die Sonne der Gerechtigkeit und des Friedens.

Béatrice Battaglia

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